Details

Editorial Mai

Editorial Mai
EEHH/Daniel Reinhardt

Mehr und mehr rückt die Rolle der Infrastruktur für das Gelingen der Energiewende in den Mittelpunkt. Offshore-Windparks müssen beispielsweise mit großen Hochspannungsgleichstromkonvertern und langen Meereskabeln ans Stromnetz angebunden werden. Und auch an Land sind eine Handvoll großer Verbindungen in Bau und Vorbereitung, um die Windenergie von Nord- nach Süddeutschland transportieren zu können. Für Wasserstoff wird ein Kernnetz von Leitungen geplant, um die Industrie und Transportlösungen bundesweit klimaneutral zu machen. Nicht zuletzt wird in fast allen großen Städten versucht, Abwärme aus Industrie und Rechenzentren für die Fernwärme zu nutzen, wozu meistens neue Leitungen notwendig sind.

Die mediale Debatte fokussiert häufig auf den erheblichen und vermeintlich zu hohen Kosten, die mit dem Ausbau der Energieinfrastruktur einhergehen. Drei- bis vierstellige Milliardenbeträge sind in den kommenden Jahrzehnten erforderlich – für etliche Medien ein Grund, die Vorhaben oder gleich die ganze Energiewende als unbezahlbar darzustellen. Etliche Wissenschaftler*innen setzen die Kosten vielfach zu hoch an, da auch normale Instandhaltungskosten reingerechnet werden, die sowieso angefallen wären. Auch werden die Investitionen häufig aus der falschen Zeitperspektive betrachtet. Es geht nämlich nicht nur um Investitionen, die die Energieversorgung in den nächsten zwei Jahrzehnten klimaneutral machen sollen – es geht jetzt darum, mittels einer haltbaren Infrastruktur das Fundament für eine zeitlich unbegrenzte klimaneutralen Energieversorgung zu legen.

Daher sollten die Betrachtungszeiträume für die Investitionen nicht zwei Jahrzehnte betragen, sondern eher 50 bis 100 Jahre. Wenn die Medien, Verbände oder andere Akteure hier die falsche Messlatte anlegen, wird dies die Situation nicht gerecht und führt zu grundlegend verzerrten Debatten.

Vor einigen Wochen haben wir als Cluster EEHH mit den Hamburger Energienetzinfrastrukturbetreibern auf der Konferenz „Energiesysteme im Wandel“ den aktuellen Stand der Transformation der Energieinfrastruktur dargestellt. Bei der Gelegenheit haben wir gehört, wie umfangreich die Strom-, Gas-, Wärmenetze sowie der ÖPNV ausgebaut, dekarbonisiert und digitalisiert werden müssen. Bis 2028 (!) allein werden hierfür mehr als fünf Milliarden Euro in Hamburg investiert. Das ist und bleibt natürlich viel Geld. Aber es ist durch die Stadt gut und wohlüberlegt investiertes Geld, da nur hiermit für alle Einwohner*innen und Wirtschaft der Stadt ein klimaneutrales Jahrhundert nach 2045 möglich wird. Wir sollten nicht wegen falscher Maßstäbe lamentieren, sondern anpacken!

Über Jan Rispens

Profilbild zu: Jan Rispens

Seit Gründung in 2011 ist Jan Rispens, als gelernter Elektrotechnik-Ingenieur, Geschäftsführer der EEHH Clusteragentur und seit 20 Jahren aktiv im Bereich nachhaltige Energieversorgung und Klimaschutz.

von