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Editorial Juni

Editorial Juni
HH Media Server/Christian Brandes

Gerade rechtzeitig vor der Sommerpause hat sich die Koalition im Bundestag auf den Entwurf für das Heizungsgesetz (GebäudeEnergieGesetz) GEG geeinigt. Bei teilweise durchaus berechtigter Kritik an einigen Gesetzesinhalten und zur Zeit- und Umsetzungsplanung muss doch festgehalten werden, dass ein Großteil der Hektik und der politischen Auseinandersetzung dadurch entstanden ist, dass Deutschland beim Klimaschutz und beim Ausbau der Erneuerbaren Energien seit Einführung der „Strompreisbremse“ 2012 ein Jahrzehnt sehr ineffektiv genutzt hat. Die Gemächlichkeit, die damals mit der Strompreisbremse eintrat, beim Klimaschutz und den Erneuerbaren, führte dazu, dass in den Bereichen Gebäudewärmeversorgung und Verkehr sehr wenig unternommen und der Ausbau der Erneuerbaren ausgebremst wurde. Da Deutschland trotzdem versprach, das Pariser Klimaschutzvertrag bis 2030 einzuhalten, fehlen jetzt einerseits die sauberen Strommengen und andererseits die Zeit, um die Ziele noch zu erreichen. Also: Ehre, wem diese Ehre seit damals gebührt!

Bisher waren insbesondere die Industrie und der Energiesektor erfolgreich beim Einsparen von Emissionen, dank des Europäischen CO2-Zertifikatehandelsystem ETS. Dort hat sich seit der ETS-Reform von 2018 ein wirksamer CO2-Preis von etwa 90 Euro pro Tonne herausgebildet. Aber: in diesen Sektoren werden durch den bisherigen Erfolg weitere Einsparungen natürlich immer schwieriger! Deshalb ist es jetzt umso kritischer zu bewerten, dass gleichzeitig mit der Einigung zum GEG-Entwurf in Deutschland die sektoralen Klimaschutzzielen aufgegeben werden. Die Logik, wonach in Zukunft die Sektoren einander „helfen“ sollen, um das Gesamtziel beim deutschen Klimaschutz zu erreichen, wird nicht funktionieren. Die Emissionen im deutschen Wärme- und Verkehrssektor – in dem es bisher weitgehend an konkreten Maßnahmen und ebenso an Erfolgen fehlte – werden kaum durch „Übererfüllung“ der Emissionsminderung in Industrie- und Energieversorgungssektor kompensiert werden können.

Bis 2027 wird der CO2-Preis im Verkehrs- und Wohnungssektor auf nationaler Ebene festgelegt und in Deutschland planmäßig auf 55 bis 65 Euro pro Tonne steigen. Ab 2027 soll der CO2-Preis auch in diesen Sektoren frei am Markt gebildet werden. Es ist davon auszugehen, dass die Preise sich um die 100 Euro pro Tonne bewegen werden, viele namhafte Forscher*innen gehen gar davon aus, dass der Preis zügig auf 200 bis 300 Euro Tonne steigen durfte. Bei 200 Euro pro Tonne CO2 wird eine Kilowattstunde Erdgas für die Heizung der Privathaushalte, die vor dem Ukrainekrieg etwa fünf Cent kostete, (dauerhaft) um etwa fünf bis sechs Cent teurer werden – mehr als eine Verdopplung des Erdgaspreises also. Das lässt doch gleich die ungeliebte Wärmepumpe in einem ganz anderen (medialen) Licht erscheinen! All diejenigen, die sich jetzt über gelockerte Fristen und „H2-Ready“-Brennwertthermen für Einfamilienhäuser freuen, sollten sich schon mal überlegen, wie sie ihre „Erfolgen“ in der Bundestagswahl 2025 der Wählergemeinschaft erklären wollen! Und vor Allem stellt sich die Frage des sozialen Ausgleichs, wenn niedrige Einkommensgruppen bis dahin keine gut gestaffelten Förderprogramme für nicht-fossile Heizungen oder keinen Fernwärmeanschluss vorfinden.

Über Jan Rispens

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Seit Gründung in 2011 ist Jan Rispens, als gelernter Elektrotechnik-Ingenieur, Geschäftsführer der EEHH Clusteragentur und seit 20 Jahren aktiv im Bereich nachhaltige Energieversorgung und Klimaschutz.

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