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Offshore-Windenergie: Fallstricke kennen und gegensteuern Gastbeitrag von Heino Axnick, LRQA

Die Anlagenleistung der Offshore-Windenergie soll in Deutschland in einem rasanten Tempo ausgebaut werden.

Offshore-Windenergie: Fallstricke kennen und gegensteuern
LRQA

Zu den gegenwärtig 8 Gigawatt (GW), die in einem Zeitraum von 12 Jahren entstanden sind, sollen bis 2030 weitere 22 GW hinzukommen. Gleichzeitig erleben wir aktuell ein starkes Marktwachstum. Dieses bringt Herausforderungen für Planer und Entwickler mit sich. Doch wer die Fallstricke bei der Offshore-Windenergie kennt, kann frühzeitig gegensteuern.  

Aktuelle Trends bei der Offshore-Windenergie

Die Offshore-Windenergie ist im Vergleich zur Onshore-Windenergie ein noch junger Markt. Nach einem ersten kräftigen Anstieg seit 2015 kühlte sich der Markt für die Offshore-Windenergie 2020 in Deutschland deutlich ab und brach 2021 ein. Seit 2022 erholt sich der Markt und ist ein Anstieg der Nachfrage zu verzeichnen.

Insgesamt sind hierzulande derzeit 28 Offshore-Windparks in der Nord- und Ostsee in Betrieb. Zuletzt sicherten sich zwei Mineralölkonzerne für 12,6 Milliarden Euro den Zugschlag für vier weitere Offshore-Windflächen in der deutschen Nord- und Ostsee. Hier sind Windparks mit einer Leistung von 7 GW vorgesehen. Doch nicht nur in Deutschland, sondern weltweit erfährt die Windenergiebranche an Land und auf See ein enormes Wachstum.

Fallstricke bei der Planung und dem Bau neuer Anlagen

Vor dem Hintergrund sind Planer und Entwickler beim Bau neuer Windenergieanlagen mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Neben einem erheblichen finanziellen Aufwand der Projekte, bringt der Klimawandel und die daraus resultierenden Wetterextreme Herausforderungen mit sich. Raue, stärkere Winde sowie der Anstieg der Temperaturen wirken sich auf die Lebensdauer der Offshore-Windkraftanlagen aus. Mittels neuer Anlagenkonstruktionen soll dem entgegengewirkt werden. Zugleich soll auch die Effizienz der Anlagen steigen, um eine hohe Leistung und hohe Erträge sicherzustellen.

Hierfür kommen neue Materialien, Stahlkonstruktionen, längere Rotorblätter und höhere Bauweisen zum Einsatz. Doch bei neuen Konstruktionen sind auch das Anlagendesign, Prozesse und Verfahren neu zu überdenken, was ebenso neue Zertifizierungen nötig macht. Hierfür müssen sowohl die Hardware und Technik als auch die verwendeten Rohstoffe und Materialien, genauso wie die Ausrüstung und die fertig erstellten Anlagenkomponenten getestet und anhand von Normen zertifiziert werden.  

Fallstricke in der Lieferkette und bei den Zertifizierungsverfahren

Die weltweit hohe Nachfrage nach Windenergieprojekten macht den Aufbau und das Management neuer Lieferketten erforderlich. Doch die Akquise neuer Lieferanten kann sich als echte Mamutaufgabe erweisen, insbesondere bei Offshore-Projekten. Denn hier sind spezialisierte Anbieter rar. Mit jedem neuen Lieferanten in der Lieferkette wachsen die Risiken, beispielsweise hinsichtlich Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Qualität. Lieferantenaudits, Standortinspektionen und Monitoring können bei der Risikominimierung helfen.

Da die meisten Windenergieprojekte auf umfangreichen globalen Lieferketten aufbauen, müssen Ressourcen, Services und Wissen von unterschiedlichen Standorten zusammengeführt werden. Dies birgt Risiken in sich, beispielsweise im Zusammenhang mit dem Qualitätsmanagement oder den vertraglichen Anforderungen. Diese sind von Land zu Land unterschiedlich. Assurance-Programme können das Eintreten von Risikofällen absichern. Denn jedes Windenergieprojekt und jede einzelne Anlage hat ihr eigenes Risikoprofil, ebenso wie jeder Lieferant.

Für hohe Sicherheit, Qualität und Konformität bei den Offshore- Windenergieanlagen sorgen Zertifizierungen. Zertifizierungsprozesse sind jedoch mit einem nicht unerheblichen Zeit- und Kostenaufwand verbunden. In Deutschland gibt es Pläne die Zertifizierung von Windkraftanlagen zu vereinfachen, bzw. mit der Novellierung des WindSeeG wird diese Vereinfachung der Genehmigungsverfahren für Offshore Wind Parks bereits umgesetzt. Solch eine Verschlankung des Zertifizierungsverfahrens bei Windparks kann zur Beschleunigung der Prozesse beitragen.

Gleichzeitig wächst die Gefahr, dass Unternehmen mit minderwertigen Materialien, Produkten und Dienstleistungen in die Lieferkette einsteigen. Um sich davor zu schützen, müssen robuste Programme zur Lieferantenprüfung und Qualitätssicherung eingeführt werden. Durch das Einbeziehen von Expertenräten können beispielsweise Qualitätssicherungsprozesse aufgebaut und Verfahren zur Sicherung der Lieferkette etabliert werden.

Fallstricke beim Betrieb und der Lebensdauer der Offshore-Anlagen

Um die Leistung von Ausrüstungen und Anlagen zu optimieren, müssen alle Beteiligten in jeder Phase des Lebenszyklus einer Anlage bewährte Verfahren anwenden und befolgen. Dies erfordert in der Regel Fachwissen und Kenntnisse der einschlägigen Gesetze, Vorschriften und internationalen Normen. Damit Windkraftanlagen lange stabile Erträge über ihre Lebensdauer von 20 bis 25 Jahren liefern, sind regelmäßige Wartung und Inspektion der Anlagen entscheidend.  Insbesondere dann, wenn sich die Anlagen in Richtung Ende der erwarteten Lebensdauer bewegen. Solche risikobezogenen Inspektionen führt LRQA bei Anlagen durch und prüft anhand einer Reihe verschiedener Kriterien, was unter Umständen zu einer Verlängerung der Lebensdauer bei Anlagen beitragen kann.

Bei Offshore-Windkraftanlagen kommen zum Beispiel bestimmte Stahlbauteile, wie die Fundamente oder Transition Pieces des Turms regelmäßig mit Salzwasser in Berührung und sind der Korrosion stärker als Windkraftanlagen an Land ausgesetzt. Wird die Korrosionstoleranz von z.B. drei Millimetern überschritten, müssen die Fehlstellen erneuert werden. Liegt sie jedoch unterhalb dieses Wertes, wirkt sich das positiv auf die Lebensdauer der Anlage aus. Bei den Rotorblättern können Vibrationen Risse erzeugen. Liegen die Risse unterhalb eines bestimmten Toleranzniveaus können die Anlagen weiter in Betrieb bleiben und so die Lebensdauer verlängern.

Fazit

Aktuelle Entwicklungen deuten darauf hin, dass Offshore-Anlagen künftig noch größer und höher sein werden, um noch mehr Windkraft nutzbar zu machen. Zugleich birgt jeder einzelne Windpark und jede einzelne Windenergieanlage auf See Risiken in sich. Zumal die Anlagen besonders extremen Wettersituationen ausgeliefert sind. Daher sind Qualität und Sicherheit entscheidend und es muss besonderes Augenmerk auf die Qualität aller Ressourcen, jeder einzelnen Komponente und Anlage gelegt werden, um eine lange Lebensdauer und hohe Erträge der Anlagen zu gewährleisten.

Heino Axnick ein ist ein erfahrener Windenergieexperte und arbeitet als Technical & Quality Manager beim Assurance-Dienstleister LRQA Deutschland GmbH.  

Weiterführende Links:

Worauf Offshore-Projektierer jetzt achten sollten | E&M (energie-und-management.de)

Kapazitäten und Infrastruktur entlang der Wertschöpfungskette stärken! - vdma.org - VDMA

 

 

 

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