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Ganzheitliche Lösung für Offshore-Windparks From Hamburg to the World – Interview mit Thomas van der Laan, Projektmanager Maritime Services & BoP bei WINDEA Offshore GmbH & Co. KG

In der Blogserie „From Hamburg to the World” stellen wir Mitglieder des EEHH-Netzwerks mit dem Fokus auf ihre internationalen Aktivitäten bzw. ihre Aktivitäten, die für internationale Energiewirtschaft von großer Bedeutung sind, vor. Diesmal werfen wir mit WINDEA einen Blick auf seine Geschäftstätigkeit, u.a. auf dem US-Markt. Mit Sitz in Hamburg fungiert WINDEA als gemeinsam genutzte Vertriebs- und Produktentwicklungs-Unternehmen für Offshore-Windprojekte. Durch die Kombination der unterschiedlichen Dienstleistungen aller Gesellschafter und Partner ist WINDEA in der Lage, ganzheitliche Logistik- und Versorgungslösungen im Zusammenhang mit dem Bau und Betrieb von Offshore-Windparks anzubieten.

Hallo Herr van der Laan, bei WINDEA sind Sie für den Vertrieb von maritimen Services zuständig. Erzählen Sie uns von sich und Ihren Aufgaben.

2008 habe ich in meinem Geburtsort Leer an der traditionsreichen Seefahrtschule, am Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven, den Abschluss als Dipl.-Wirtsch.-Ing. in Reedereilogistik erworben. Über verschiedene Anstellungen bei norddeutschen Reedern, unter anderem im Schwergut- und Forschungsschifffahrtssegment, bin ich 2012 zur Offshore-Windindustrie gekommen. Seit 2019 bin ich bei WINDEA der globale Ansprechpartner für alle Anfragen rund um Offshore-Serviceschiffe, hafennahe Betriebshöfe, Marine Coordination und Unterwasserinspektionen.

Neben unserer Hauptaufgabe, dem Tender-Management, sind wir auch für die Erschließung von Auslandsmärkten zuständig und besuchen regelmäßig internationale Konferenzen und Messen. Diverse Veranstaltungen in Polen, den USA und den Niederlanden sowie die jährliche WindEurope-Konferenz sind dabei feste Termine in meinem Kalender.

 

Offshore Wind ist das Stärkenfeld von WINDEA und findet sich auch in Ihrem Firmennamen wieder. Welche Leistungen bietet ihr Unternehmen, um den Offshore-Ausbau voranzutreiben und welche Vision haben Sie für die Zukunft?

Unsere Services sind vorrangig Offshore-Serviceschiffe (Crew Transfer Vessel/CTV und Service Operations Vessel/SOV) und Hafendienstleistungen. Im Hafenbereich haben wir mit dem Schwerlast-Terminal in Eemshaven ein echtes Aushängeschild.

Neben unseren Gesellschaftern vertreten wir heute auch eine Vielzahl von Partnern und verbundenen Unternehmen, deren Services unser Portfolio sinnvoll erweitern. Im Vertrieb haben wir wahnsinnige Synergien, da ein Kunde bei uns maximal drei Ansprechpartner hat, die ihm, je nach Kundenanfrage, die richtigen Experten an den Verhandlungstisch bringen.

Im Fokus steht bei uns die Reduktion von Schnittstellen für den Kunden. Das kann so aussehen: Ein SOV der Schulte Gruppe, das – besetzt mit Buss-Technikern für die Wartung – aus einem von Ems Maritime Offshore (EMO) betriebenen Basishafen in den Windpark aufbricht und dort vor Ort mittels autonomen Tauchrobotern, Wasserfahrzeugen und Flugdrohnen unserer Partner auch gleich sämtliche geophysikalischen Messungen, Fundament- und Blattinspektionen erledigt, während NHC-Helikopter und EMO-CTV den Crewchange durchführen – das ist meine Vision!

In der Praxis verkaufen wir diese Services überwiegend einzeln, weil die Kunden auch gar nicht in solchen Paketen einkaufen. Aktuell arbeiten wir aber an einigen Projekten, die dem schon sehr nahekommen.

 

Welche Projekte zählen zu den Highlights bzw. auf welche Projekte von WINDEA blicken Sie mit Stolz zurück?

Mit Stolz erfüllt mich die Entwicklung des Marine Coordination Centers „VENTUSmarine“ am Standort der EMO in Emden, das seit 2014 die Seeraumbeobachtung für viele deutsche Windparks in der Nord- und Ostsee als Shared-Service anbietet. Hier haben wir einen hohen Sicherheitsstandard implementiert und bieten den Kunden seit Jahren stabil niedrige Preise, die wir durch Effizienzsteigerung halten können. Die Koordinatoren dort leisten täglich enormes und sind echte Multitasking-Maschinen!

Mein jüngstes Highlight ist tatsächlich die Kooperation mit unseren US-Partnern und der Abschluss der ersten Charterverträge für CTVs in 2022. Der Aufwand, dieses Thema in einem so komplexen Markt zu durchdringen, war riesig und wir sind in Sachen Mannstunden sehr in Vorleistung gegangen – aber es hat sich am Ende gelohnt.

Aber das vielleicht beste liegt noch vor uns. Während wir in den letzten Jahren nur gegen einen langfristigen Chartervertrag ein neues Schiff bestellen konnten, hat sich unser Gesellschafter Schulte Ende letzten Jahres dazu entschlossen, bei der norwegischen ULSTEIN-Werft zwei Commissioning Service Operation Vessel (CSOV) auf Spekulation zu bestellen. Im Mai 2025 wird das erste abgeliefert und bei uns laufen die Vertriebsarbeiten dazu bereits auf Hochtouren und stellen uns täglich vor neue Herausforderungen!

WINDEA Intrepid, Copyright: WINDEA

WINDEA unterstützt mit eigener Expertise und Know-how auch Projekte außerhalb Europas, z.B. in den USA. Seit 2019 ist WINDEA durch eine Joint-Venture-Gesellschaft dort aktiv. Welche Bedeutung hat der US-Markt für WINDEA und können Sie Ihre Geschäftstätigkeit näher erläutern?

Der US-Markt ist gerade für Reeder und Schiffseigner einer der schwierigsten. Den „Jones Act“ muss ich wohl niemandem in unserer Branche mehr erklären. Darum war es für uns wichtig, zunächst einen lokalen Partner zu finden, der das nötige US-Eigenkapital mitbringt, um Offshore-Spezialschiffe zu finanzieren, zu bauen und mehrheitlich zu besitzen. Diesen Partner haben wir in MidOcean Wind (MOW) gefunden. Gemeinsam haben wir Schiffe entwickelt, die den besonderen US-Regularien entsprechen und Fachthemen wie z.B. die richtige Besatzungsstärke abgearbeitet.

 

Gibt es weitere Länder, die eine Rolle für die Internationalisierungsstrategie von WINDEA spielen? Und wie schätzen Sie die Entwicklung und daraus ergebende Geschäftsperspektive für Ihr Unternehmen ein?

In den letzten vier Jahren gab es bekanntlich eher weniger Ausschreibungen für neue Projekte in Deutschland. Das hat dazu geführt, dass wir uns mit nahezu allen Ländern mit Windenergie-Ausbauzielen beschäftigt haben. Das ist nicht immer einfach. Auch innerhalb der EU gibt es die sogenannten „local content requirements“. Und selbst wenn es keine Vorschriften gibt – am günstigsten kann bei personalintensiven Dienstleistungen immer derjenige anbieten, der seine Ressourcen dicht am Ausführungsort positioniert hat. Die Erschließung eines ausländischen Marktes bedingt so fast immer zunächst den Aufbau einer lokalen Präsenz und das Einstellen von Personal. Da muss man sich schon genau ansehen, wo und auch wann die Dichte an Geschäftsmöglichkeiten an einem Standort so groß wird, dass es sich lohnt.

Naturgemäß sind unsere Nachbarländer Niederlande und Dänemark hier am naheliegendsten, da bereits lokale Büros z. B. in Eemshaven oder Esbjerg bestehen. Für die Zukunft sehen wir uns auch Polen und das Baltikum als Ballungszentrum an, in dem ab 2030 ein Errichtungspeak entstehen wird. Frankreich ist geografisch schwierig, da Windparks entlang der langen Küste kaum geclustert und die Wege sehr weit sind. Der Brexit hat zudem der Geschäftsfeldentwicklung im Vereinigten Königreich noch einige weitere Stolpersteine hinzugefügt, wobei schon vorher der Wettbewerb hier sehr hart war.

Das alles betrifft natürlich nicht den SOV-Bereich, in dem wir unsere Services mit dem weltweiten Standortnetzwerk der Schulte Gruppe and beinahe jedem Ort der Welt anbieten können. Hier richtet sich unser Blick dann auch auf Länder wie Korea und Japan.

 

Wir haben uns gefreut, dass WINDEA als Teil der deutschen Delegation auf dem diesjährigem IPF als Mitaussteller dabei war. Wie bewerten Sie die Messeteilnahme und wie können wir als regionales Branchennetzwerk mittelständische Offshore-Unternehmen wie WINDEA bei ihren internationalen Aktivitäten in Zukunft besser unterstützen?

Das IPF ist für uns, neben dem jährlichen persönlichen Treffen mit unseren Partnern, auch der wichtigste Termin für den Austausch mit unseren Kunden. Die meisten sprechen wir vorher gezielt an und vereinbaren Termine – bisher auch oft außerhalb der Messehalle.

Aber auch im diesjährigen Setup hat uns die Standbeteiligung und die Eintragung im Ausstellerverzeichnis schon sichtbarer werden lassen. Im Nachgang der Messe haben wir noch etliche Zuschriften von Personen erhalten, die uns nicht am Stand treffen konnten, aber gerne in Kontakt treten möchten.

Zum Thema Unterstützung fällt mir folgendes ein: Etwas das uns bei der Vorbereitung von Auslandsprojekten oft vor Schwierigkeiten stellt, ist die Unkenntnis lokaler Arbeitsbedingungen, wie z.B. Arbeitszeitgesetze und Regelungen zu Sonntags- oder Nachtarbeit – oder im Falle USA auch die Vergabe von Visa. Unterstützung kann man hier u.a. von den Außenhandelskammern bekommen, aber oft sind unsere Fragen auch sehr speziell. Fachvorträge zu diesem Thema würde ich auf jeden Fall besuchen!

 

Über Jingkai Shi

Profilbild zu: Jingkai Shi

Hamburg ist die Modellregion der Energiewende und deutsche Windhauptstadt mit Verbindungen in die ganze Welt. Die lokale Erneuerbare Energien-Branche ist damit ein zentraler Partner für die internationale Energiewirtschaft. Als Ansprechpartner für internationale Kooperation im Bereich Erneuerbare Energien betreue ich die Beziehung des EEHH-Clusters zu internationalen Branchenetzwerken, unterstütze die EEHH-Mitglieder bei ihren Auslandsaktivitäten und trage mit Social-Media-Aktivitäten zu einer stärkeren Sichtbarkeit und Wahrnehmung von Hamburg auf der Weltbühne bei.

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