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Das Solarpaket I – Hat sich das lange Warten gelohnt? Die Neuerungen im Überblick

Lange hat die Branche auf die Verabschiedung des Solarpakets gewartet. Ursprünglich war dies zum Jahresende 2023 vorgehsehen. Es dauerte dann aber noch bis zum 26. April 2024, bis das Gesetzespaket, sowohl vom Bundestag als auch vom Bundesrat, verabschiedet wurde.

Das Solarpaket I – Hat sich das lange Warten gelohnt?

Lange hat die Branche auf die Verabschiedung des Solarpakets gewartet. Ursprünglich war dies zum Jahresende 2023 vorgehsehen. Es dauerte dann aber noch bis zum 26. April 2024, bis das Gesetzespaket, sowohl vom Bundestag als auch vom Bundesrat, verabschiedet wurde.

Zunächst einmal steht nun wieder die I hinter dem Gesetz, obschon zeitweilig verlautet wurde, es werde nur ein Solarpaket geben. Mittlerweile ist klar, dass einige wichtige Elemente wie das „Energy-Sharing“, bisher nicht umgesetzt wurden, so dass ein weiteres Solarpaket II für das kommende Jahr 2025 erwartet werden darf.

Was steht im Gesetz?

Was steht nun drin im Solarpaket 1 und wie wird es von der Branche aufgenommen?

Das Solarpaket 1 unterteilt sich in die Bereiche:

1.        Gebäudeintegrierte PV

2.        Freiflächen PV

3.        Windenergie und Netzausbau

4.        Netzanschlüsse und Speicher

Gebäudeintegrierte PV

Das Solarpaket I zielt insbesondere auf einen Ausbau von PV-Anlagen auf großen Dachflächen z.B. auf Industrie- und Gewerbedächern ab. Generell wird die Förderung für PV-Anlagen ab 40 kWp um 1,5 ct/kWh angehoben. Die Teilnahmeschwelle, um an Ausschreibungen teilzunehmen, wird für Solaranlagen auf, an oder in einem Gebäude oder einer Lärmschutzwand von 1.000 kWp auf 750 kWp abgesenkt, was von Teilen der Branche durchaus kritisch gesehen wird. Gleichzeitig steigt das Ausschreibungsvolumen für Aufdachanlagen auf 2,3 GWp pro Jahr an.

Ein Anlagenzertifikat wird zukünftig erst ab einer installierten Leistung von mehr als 500 kWp (zuvor 135 kWp) bzw. einer Einspeiseleistung von 270 kWp erforderlich.

In der Vergangenheit wurde immer wieder bemängelt, dass bei Aufdachanlagen mit einer geringen Überschusseinspeisung, dieser Strom direktvermarktet werden musste, was teilweise zu hohem bürokratischen Aufwand für sehr geringe Strommengen führte. Der Gesetzgeber hat hierauf reagiert und die Anlagengröße, für welche die Regelung zur Direktvermarktung gilt, von 100 kWp auf 200 kWp erhöht. Zudem kann Überschussstrom nun als „unentgeltliche Abnahme“, also ohne Vergütung in das Netz eingespeist werden.  

Nennenswerte Erleichterungen ergeben sich im Bereich der technischen und vergütungsseitigen Anlagenzusammenfassung. Zukünftig werden Anlagen hinter unterschiedlichen Netzanschlusspunkten generell nicht mehr als ein „große“ Anlage zusammengefasst. Dies führte in der Vergangenheit oftmals zu Nachteilen für den oder die Anlagenbetreiber, da sie teilweise Anforderungen erfüllen mussten, die eigentlich nur auf größere Anlagen zutreffen.

Mieterstrom wird zukünftig nicht mehr nur im Bereich der Wohnungswirtschaft gefördert, sondern auch im Bereich der Gewerblichen Nutzung von Immobilien sowie auf Garagen und Nebenanlagen. Hierbei gilt es zu beachten, dass keine Durchleitung durch das öffentliche Netz erfolgen darf. Zudem darf es sich beim Letztverbraucher und dem Anlagenbetreiber nicht um verbundene Unternehmen (gemäß EU-Definition) handeln.

Die wohl umfassendste Neuerung bei der Gebäudeintegrierter PV im Solarpaket I betrifft die „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“. Ähnlich wie beim Mieterstrom geht es dabei um die Weitergabe von PV-Strom an Wohn- oder Gewerbemieter, allerdings ohne Lieferantenpflichten und die Pflicht zur Reststrombelieferung. Durch diese Vereinfachung kann jedoch auch kein Mieterstromzuschlag in Anspruch genommen werden. Die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung eignet sich insbesondere z. B. für kleinere Wohnungseigentümergesellschaften (WEG). Voraussetzung für die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung ist auch, dass das öffentliche Stromnetz nicht in Anspruch genommen wird. Die Umsetzung ist jedoch aus Sicht einiger Branchenvertreter noch recht komplex. So muss u. a. zwischen den gemeinsamen Nutzern der PV-Anlage ein Aufteilungsschlüssel festgelegt werden und es soll in einem 15 Minuten-Intervall der reale Verbrauch und die PV-Stromerzeugung erfasst werden.

Auch Verbesserungen für Balkonkraftwerke

Im Bereich der gebäudeintegrierten PV sollen auch die bürokratischen Hürden für Balkonkraftwerke reduziert werden. So entfällt zukünftig für diese Kleinstanlagen die Pflicht zur Anmeldung beim Netzbetreiber. Übergangsweise sind bei Nichtvorhandensein eines geeichten Zweirichtungszählers bis zu deren Installation übergangsweise auch rückwärtsdrehende Zähler erlaubt („Net-Metering“).  Balkonkraftwerke dürfen eine Leistung von bis zu 2 kWp aufweisen und die Wechselrichterleistung darf bis zum 800 Voltampere betragen.

Freiflächen PV

Auch im Bereich PV-Freiflächenanlagen und Agri-PV entstehen durch das Solarpaket I verschiedene Verbesserungen.

Für Agri-PV (sowie Floating-, Moor- und Parkplatz-PV) wird in den Ausschreibungen ein eigener Höchstwert von 9,5 ct/kWh eingeführt. Die Bundesländer haben bei der Ausweisung von Flächen für Agri-PV eine Opt-Out-Option, die ihnen erlaubt, ab einem bestimmten Anteil Agri-PV keine weiteren Flächen für diese PV-Nutzungsform zuzulassen[OS6] [CL7] . Der Gesetzgeber möchte den Ländern so Spielraum bei der Ausweisung von Agri-PV-Flächen einräumen. Insgesamt wird eine Obergrenze für Agri-PV von 80 GWp bis 2030 festgeschrieben. Es sollen maximal 50 Prozent der PV-Anlagen auf Freiflächen oder Parkplätzen und mindestens 50 Prozent aller PV-Anlagen auf oder an Gebäuden oder Lärmschutzwänden installiert werden.

Generell wird die zulässige Projektgröße von 20 WMp auf 50 MWp erhöht. Gleichzeitig werden jedoch auch einheitliche Vorgaben für Naturschutz- und Nachhaltigkeitskriterien festgeschrieben. Um eine gute Umsetzbarkeit für die Projektierer zu gewährleisten, können diese drei Naturschutzkriterien aus einer Liste von fünf auswählen.  

Windenergie und Netzausbau

Die Regelungen im Solarpaket betreffen nicht ausschließlich die Solarenergie selbst, sondern entfalten auch Wirkung auf den Bereich der Windenergie an Land. So werden durch das Solarpaket I bestehende Windenergiegebiete als Beschleunigungsgebiete der RED III anerkannt. Ebenso werden die Regelungen der EU-Notfall-Verordnung verlängert. Es können nun Anträge für Onshore Windanlagen, PV-Anlagen bis zum 30. Juni 2025 gestellt werden, um ein vereinfachtes Verfahren zu durchlaufen. Die Frist wird damit um ein Jahr verlängert. Sie gilt auch für Planfeststellungsverfahren von Stromnetzvorhaben im Übertragungsnetz. Zudem wird das überragende öffentliche Interesse im Verteilnetz ausgeweitet.

Eine gesonderte Förderung erhalten zukünftig sog. Flugwindenergieanlagen. Die Förderung wird allerdings auf eine insgesamt installierte Leistung von 50 MW begrenzt.

Netzanschlüsse und Speicher

Weitere Regelungen und Anpassungen im Solarpaket betreffen die Themen Netzanschlüsse und Speicher und umfassen im Wesentlichen die flexible Nutzungsmöglichkeit für Speicher (Anpassung des Ausschließlichkeitsprinzips) sowie die Wegenutzungsrecht zur Verlegung von Leitungen, welches sich im finalen Text jedoch nur noch auf öffentliche Grundstücke bezieht. Zudem gilt das Privileg auf einen bevorzugten Netzanschluss für EE-Anlagen zukünftig auch für Speicher.

Darüber hinaus zielen die Neuerungen im Solarpaket I auf die Vereinheitlichung der technischen Anschlussbedingungen der Verteilnetzbetreiber für PV-Anlagen ab. Das vereinfachte Netzanschlussverfahren gilt zukünftig für Anlagen bis 30 kWp, statt zuvor 10,8 kWp.

Fazit

Im Segment der großen Aufdachanlagen werden die Änderungen des Solarpakets von der Branche positiv aufgenommen. Hier liegen große Flächenpotenziale, beispielsweise im Bereich der Industrie- und Gewerbedächer, die z. B. durch die Erweiterung des Mieterstromzuschlags oder die generelle Erhöhung der Einspeisevergütung zukünftig wesentlich besser für die Installation großer Aufdachanlagen genutzt werden können. Die Absenkung zur verpflichtenden Teilnahme an Ausschreibungen von 1.000 auf 750 kWp wird hingegen von Teilen der Branche kritisiert. Die neuen Regelungen zur Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung stellen eine gute Alternative zum Mieterstrommodell, insbesondere für WEGs, dar. Gleichwohl wird die Umsetzung in die Praxis z. B. im Hinblick auf den Mechanismus des Viertelstündigen Verbrauchsprofils noch Herausforderungen mit sich bringen.

Mit der Verabschiedung des Solarpaket I werden nicht nur mehrere Hemmnisse im PV-Bereich abgebaut, sondern auch die Vorgaben zur Ausweisung von Beschleunigungsgebieten aus der RED III in nationales Recht umgesetzt.  Das Warten hat sich also gelohnt. Da verschiedene EU-Vorgaben wie z. B. zum Energy-Sharing bisher noch nicht umgesetzt wurden, erwartet die Solar-Branche schon die kommenden Regelungen im angekündigten Solarpaket II.

 

Das Solarpaket I war bereits Gegenstand des Forum Solar am 8. Mai. Lesen Sie hier den Nachbericht.

Über Constantin Lange

Profilbild zu: Constantin Lange

Beim Cluster bin ich für den Bereich Forschung und Innovation zuständig und bin damit die Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Industrie und Wissenschaft. Meine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Wind – und Solarenergie sowie im Themenfeld Wärme. Über unsere Fachforen und verschiedene Veranstaltungsformate verantworte ich u.a. direkte Informations- und Diskussionsformate für unsere Mitgliedsunternehmen.